„In Walle wohn’se alle“ lautet ein viel zitierter Spruch. Doch wie lebenswert ist der Stadtteil im Bremer Westen? Wie ist es dort zu wohnen? Wie lassen sich der dortige Gebäudebestand sinnvoll aus Klimaschutzsicht energetisch modernisieren? Und welchen Einfluss hat die Baukultur auf Walle? Diese Fragen standen im Fokus des „Urbanen Spaziergangs“, zu dem das Autonome Architektur Atelier (AAA) und energiekonsens im Rahmen der Projekte „foot:print – 100 Fußabdrücke für den Bremer Westen“ und „Taten statt Warten“ am 5. November gemeinsam einluden. Rund 80 Menschen hatten sich an diesem Sonntagnachmittag versammelt, um sich von Daniel Schnier, Oliver Hasemann (beide AAA) und Ulrich Pollkläsener (energiekonsens) durch den Stadtteil führen zu lassen. Seit mittlerweile zehn Jahren veranstaltet das AAA die Urbanen Spaziergänge, bei denen die Teilnehmer erfahren, wie sich der jeweilige Stadtteil mit den Jahren verändert hat und welche aktuellen Entwicklungen im Gange sind. Der Wandel in Walle sei vor allem an der regen Bau- und Sanierungstätigkeit zu erkennen, aber auch an den neuen Angeboten, Läden und Unternehmungen, die sich im Stadtteil ansiedeln, wie Daniel Schnier erläuterte. Im Rahmen des Spaziergangs sollten die Teilnehmer Anregungen und Beispiele zu den verschiedenen Möglichkeiten der Sanierung erfahren und auch, wie man Altbremer-Häuser energetisch modernisieren kann ohne prägende Elemente wie Stuckverzierungen zu zerstören.
Altbremer-Charakter trotz Modernisierung erhalten
Los ging es für die zahlreich erschienenen Bremerinnen und Bremer am Walle Center, das 1999 auf rund 40.000 Quadratmetern entstand und seitdem Läden, Büros sowie seit 2007 das Ortsamt West beheimatet. Der Stadtteilspaziergang führte sie weiter ins Freiraum-Café, wo sie von Wirtin Luz Aragni empfangen wurden. Vor ein paar Jahren hat die Argentinierin gemeinsam mit Lars Wolters die ehemalige kleine Eckkneipe in Eigeninitiative umgebaut und zu neuem Leben erweckt. „Hier kann man sehr schön sehen, wie ein Haus trotz Modernisierung seinen Altbremer-Charakter behalten hat und die Gebäudehülle sowie die Gebäudetechnik optimiert wurde“, sagte Ulrich Pollkläsener. In diesem Zusammenhang erfuhren die Teilnehmer auch Wissenswertes über die Geschichte und Bauweise der prägenden Altbremer Häuser. Dieser Häusertyp wurde in Bremen erstmals zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und den 1930er Jahren errichtet und in kleiner Form von Hafenarbeitern genutzt.
„Tolles Format, um den Stadtteil kennenzulernen“
Beispielhaft für die immer stärker werdende Gentrifizierung war auch ein Zwischenstopp im Generalsviertel. Während das umgebaute Haus im Jahr 2010 noch für 100.000 Euro einen neuen Anstrich und Dach erhalten hatte, sei heute dafür rund der doppelte Preis nötig, wie Daniel Schier erläuterte. Weitere Stationen der Teilnehmer waren unter anderem das Waller Grün sowie der ehemals größte Wasserturm in der Karl-Peters-Straße, der von 1905 stammt und nun zu einer Seniorenresidenz umgebaut wird. Ein letzter Halt führte die Stadtteilspaziergänger zum Projekt Weserholz des Vereins Käpt’n Kurt, der sich mit seiner neuen Werkstatt in dem kleinen Gewerbegebiet zwischen Schulze-Delitzsch-Straße, Steffensweg, Hansestraße und Nordstraße angesiedelt hat. Die Idee von Weserholz ist, dass junge Geflüchtete mit Bremern gemeinsam Möbel machen und sich mit ihren Fähigkeiten auf den Arbeitsmarkt vorbereiten können. „Die Urbanen Spaziergänge sind ein tolles Format, um den Stadtteil kennenzulernen und den Klimaschutz in den Bremer Stadtteilen voran zu bringen“, resümierte Ulrich Pollkläsener zum Abschluss der Veranstaltung.
Mehr Informationen und die nächsten Aktionen gibt es auch unter www.aaa-bremen.de und www.bremer-modernisieren.de.